Wohnungseigentumsgesetz: Diese Regeln gelten für Eigentümer

Lesermeinungen:  

(5)

Das Wohnungseigentumsgesetz regelt das Miteinander der Eigentümer in Mehrfamilienhäusern. Wir haben alles Wissenswerte, Rechte und Pflichten von Wohnungseigentümern – mit allen Änderungen der WEG-Novelle 2022 – im Überblick.

WEG-Novelle 2022: alle Änderungen im Überblick

Die Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) tritt am 1. Jänner 2022 in Kraft. Das sind die wesentlichen Neuerungen:

  • Eigentümer können in bestimmten Fällen mit der sogenannten Zustimmungsfiktion leichter Änderungen an ihrem Wohnungseigentumsobjekt durchsetzen.
  • Um die Zustimmungsfiktion umzusetzen, müssen die übrigen Eigentümer kontaktiert werden können. Um dies zu ermöglichen, ist der Verwalter zur Auskunft über Namen und Zustellanschriften der anderen Wohnungseigentümer verpflichtet.
  • Willensbildung der Eigentümergemeinschaft wird erleichtert, indem bei Abstimmungen zu Verbesserungen neben der Mehrheit der Eigentümer auf Grundlage der Miteigentumsanteile auch die qualifizierte Mehrheit gültig ist.
  • Mindestdotierung der Rücklage wird auf mindestens 90 Cent je Quadratmeter dotiert.

Was regelt das Wohnungseigentumsgesetz?

Im österreichischen Wohnungseigentumsgesetz (WEG) stehen die wichtigsten Bestimmungen für Wohnungseigentümer und das Miteinander in einer Eigentümergemeinschaft. Diese sind:

  • Voraussetzungen zur Begründung von Wohneigentum
  • Rechte und Pflichten der Wohneigentümer
  • Möglichkeiten der Beschlussfassung in einer Eigentümergemeinschaft mittels Eigentümerversammlung
  • Verwaltung der Liegenschaft

1. Was ist Wohnungseigentum?

Wohnungseigentum ist nach Paragraf 2 des Wohnungseigentumsgesetzes das Recht ein Wohnungseigentumsobjekt nach den eigenen Vorstellungen zu nutzen – also selbst zu bewohnen, aber auch zu vermieten oder zu verkaufen.

Als Wohnungseigentumsobjekte gelten alle Wohnungen, sonstige Räumlichkeit wie Garagen und Kfz-Abstellplätze, an denen Wohnungseigentum begründet wurde.

2. Wer ist Wohnungseigentümer?

Wohnungseigentümer ist jeder, dem eine Wohnung in einer Immobilie gehört. Alle Miteigentümer zusammen bilden die Eigentümergemeinschaft.

Info

In Österreich wird man zusammen mit dem Wohneigentum auch immer anteiliger Miteigentümer des Grundstücks, auf dem das Mehrfamilienhaus steht.

3. Wie entsteht Wohnungseigentum?

Damit Wohnungseigentum entsteht, müssen folgende vier Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Abgeschlossenheitsbescheinigung der Baubehörde oder eines Sachverständigen über die Anzahl der wohnungseigentumsfähigen Objekte einer Liegenschaft. 
  • Berechnung des Nutzwerts einer Wohnung im Verhältnis zu allen übrigen Wohnungen der Immobilie. So werden die Eigentumsanteile festgelegt, die zum Beispiel für die Ermittlung der Betriebskosten herangezogen werden. 
    Aber auch für die Stimmengewichtung in der Eigentümerversammlung sind die Anteile wichtig.
  • Ein Wohnungseigentumsvertrag, der die rechtliche Beziehung zwischen den Miteigentümern bestimmt. Darin muss unbedingt festgehalten werden, dass den Miteigentümern nach Paragraf 2 des Wohnungseigentumsgesetzes Wohneigentum mit allen Rechten daran zuteilwird.
  • Dieses Wohneigentumsrecht muss abschließend in das Grundbuch eingetragen werden.

Was ist eine Abgeschlossenheitsbescheinigung?

Bei einer Wohnung handelt es sich um eine baulich abgeschlossene, selbstständige Räumlichkeit (§2 Abs. 2 WEG). Das ist der Fall, wenn sie durch Wände und Decken von anderen Teilen der Liegenschaft getrennt ist. Mithilfe dieser Definition stellt die Baubehörde oder ein Sachverständiger die Anzahl der wohnungseigentumsfähigen Objekte in einem Gebäude fest und erstellt eine Abgeschlossenheitsbescheinigung.

Wie wird der Nutzwert berechnet?

Vor der Berechnung des Nutzwerts muss zunächst die Nutzfläche der Wohnung festgestellt werden: Die Nutzfläche ist nach Paragraf 7 des Wohnungseigentumsgesetzes aus dem Bauplan zu berechnen und als gesamte Bodenfläche der Wohnung definiert – Wände, Treppen, offene Balkone, Kellerräume und der Dachboden gehören nicht dazu.

Zur Berechnung des Nutzwerts (§8 WEG) werden nun wertmindernde und werterhöhende Umstände der Nutzfläche als Ab- und Zuschläge berücksichtigt. Als wertmindernd gilt zum Beispiel eine Wohnung im Erdgeschoss, während eine vergleichbare Wohnung in einer höheren Etage im Vergleich werterhöhend wirkt. Auf diese Weise ergibt sich für alle Wohnungen der Liegenschaft ein Nutzwert, der auch Partifizierung genannt wird: Ergibt sich für Wohnung A zum Beispiel eine Nutzwert von 120 und die gesamte Liegenschaft hat eine Nutzwert von 1725, dann hat der Eigentümer der Wohnung A einen Anteil von 120/1725 an der Immobilie.

Was muss im Wohnungseigentumsvertrag stehen?

Der Wohnungseigentumsvertrag regelt die Rechtsbeziehung der Wohnungseigentümer. Auf jeden Fall enthalten sein muss der Passus, dass alle Rechte an der Wohnung auf den Miteigentümer übergehen. Weiterhin muss der Wohnungseigentumsvertrag mindestens folgende Punkte enthalten:

  • Namen der Vertragspartner
  • Bezeichnung und Anschrift der Liegenschaft
  • Bezeichnung des Wohneigentumsobjekts
  • Erklärung, dass sich alle Miteigentümer gegenseitig das Wohnungseigentum einräumen
  • Nutzungsvereinbarung über gemeinsam genutzte Teile der Liegenschaft
  • Alternativer Verteilerschlüssel, wenn nicht der Schlüssel nach Nutzwert angewandt wird
  • Betrag, den die Miteigentümer für Rücklagen und zur Vorsorge für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten an der Liegenschaft einzahlen

Sonderfall Eigentümerpartnerschaft

Wenn sich zwei Personen gemeinsam eine Wohnung kaufen, wird automatisch eine Eigentümerpartnerschaft begründet. Anpassungen im Wohnungseigentumsvertrag sind dafür nicht notwendig – es müssen nur beide Eigentümer namentlich genannt werden.

Achtung

Zwei Personen in einer Eigentümerpartnerschaft sind immer jeweils zur Hälfte Eigentümer. Unabhängig davon, wie hoch der Anteil einer einzelnen Person am Kaufpreis ist. Es ist also nicht möglich, dass eine Person zu zwei Drittel Eigentümer ist und die andere nur zu einem Drittel.

4. Welche Rechte und Pflichten haben Wohnungseigentümer?

Mit dem Wohnungseigentumsvertrag und der Eintragung ins Grundbuch gehen sowohl Rechte als auch Pflichten an der Wohnung auf den Eigentümer über.

Rechte der Wohnungseigentümer

  • Komplettes Nutzungsrecht an der Eigentumswohnung
  • Recht, die Wohnung zu verkaufen und zu vererben
  • Recht, die Wohnung zu vermieten

Pflichten der Wohnungseigentümer

  • Zahlungspflichten, die zum Beispiel Betriebskosten der Wohnung und Erhaltungskosten der Immobilie betreffen
  • Bildung einer angemessenen Rücklage, die mit der WEG-Novelle 2022 auf mindestens 90 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche dotiert ist
  • Einhaltung der Hausordnung – diese Pflicht kann der Eigentümer auf seine Mieter Eigentumswohnung übertragen
  • Haftung für das Verhalten von Mietern
  • Erhaltungspflicht: Das heißt, der Eigentümer muss die Wohnung so instand halten, dass es für alle Miteigentümer passt
  • Gründung einer Wohnungseigentümergemeinschaft

5. Welche Aufgaben hat die Wohnungseigentümergemeinschaft?

Alle Miteigentümer einer Immobilie sind dazu verpflichtet, eine Wohnungseigentümergemeinschaft zu gründen. Sie ist dafür zuständig, Aufgaben zu regeln, die die gesamte Liegenschaft angehen:

  • Organisation der Durchführung von Reparatur- und Sanierungsarbeiten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft
  • Festlegung der Höhe der Reparaturrücklage
  • Bestellung der Hausverwaltung

Nach außen tritt die Eigentümergemeinschaft zum Beispiel gegenüber Handwerkern oder der Hausverwaltung als juristische Person auf. Dafür benötigt sie zu Beginn einen Vertreter, um als solche handeln zu können. Ist ein Hausverwalter bestellt, wird die Eigentümergemeinschaft in der Regel von diesem vertreten (§19 WEG).

6. Welche Aufgaben hat die Hausverwaltung?

Der Verwalter einer Immobilie hat von den Eigentümern eine Vollmacht erhalten, in ihrem Sinne zu handeln. Daraus ergeben sich die wichtigsten Aufgaben für den Hausverwalter:

  • Pflicht zur Erstellung einer Abrechnung über die Betriebskosten und Rücklagen
    Der Hausverwalter muss die Abrechnung jedem Wohnungseigentümer innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode – in der Regel das Ende des Kalenderjahres – schriftlich zugehen lassen.
  • Pflicht zur Erstellung einer Vorausschau über Erhaltungsmaßnahmen, die in absehbarer Zeit anstehen
    Der Hausverwalter muss den Eigentümern alle Arbeiten mitteilen, die über die laufenden Instandhaltungen hinausgehen. Aus dieser Vorausschau müssen auch die dafür benötigten finanziellen Mittel ersichtlich sein. Der Hausverwalter muss sie einmal jährlich erstellen und den Wohnungseigentümern schriftlich mitteilen.

Weitere Aufgaben eines Hausverwalters sind:

Der Hausverwalter muss außerdem mindestens alle zwei Jahre eine Eigentümerversammlung einberufen (§25 WEG) und deren Weisungen Folge leisten.

7. Welche Aufgaben hat die Eigentümerversammlung?

Die Eigentümerversammlung wird vom Hausverwalter einberufen. Sie kann aber auch von jedem Eigentümer beim Hausverwalter beantragt werden. Ein solcher Antrag benötigt die Zustimmung von mindestens einem Viertel der Miteigentümer.

Der Hausverwalter muss alle Miteigentümer mindestens zwei Wochen vor der Versammlung schriftlich informieren und während der Versammlung Protokoll führen.

Achtung

Die Stimmengewichtung in der Eigentümerversammlung richtet sich nach dem Eigentümeranteil an der Liegenschaft, der aus der Berechnung des Nutzwerts hervorgeht.

Vor der Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes war in der Regel für alle Abstimmung eine einfache Mehrheit – also mehr Ja- als Nein-Stimmen – auf Grundlage der Eigentümeranteile nötig. Mit Einführung der WEG-Novelle zum 1. Jänner 2022 gibt es zusätzlich einen zweiten Weg:

WEG-Novelle 2022: die qualifizierte Mehrheit

Für eine qualifizierte Mehrheit müssen zwei Drittel der abgegebenen Stimmen für den Beschluss stimmen. Hinzu kommt noch, dass all jene Stimmen, die sich für den Beschluss aussprechen, mindestens ein Drittel aller Miteigentumsanteile besitzen müssen. Dadurch soll abgesichert werden, dass das Meinungsbild der Eigentümergemeinschaft gut repräsentiert wird und nicht die Mehrheit von einer kleinen, aktiven Minderheit überstimmt werden kann.

Was kann die Eigentümerversammlung beschließen?

In der Eigentümerversammlung können Beschlüsse zu Maßnahmen der ordentlichen und außerordentlichen Verwaltung getroffen werden.

Achtung

Wenn dem Hausverwalter im Verwaltervertrag keine Schranken auferlegt sind, kann er in Fragen der ordentlichen Verwaltung selbst entscheiden, ohne eine Versammlung einzuberufen. Die Eigentümer können ihm aber nachträglich Weisung erteilen zum Beispiel ab einer gewissen Summe immer einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft einzuholen.

Bei Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung muss der Hausverwalter immer die Eigentümerversammlung entscheiden lassen.

Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung (§28 WEG):
  • ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft
  • Bildung einer angemessenen Rücklage
  • Aufnahme eines Darlehens zur Deckung der durch die Rücklage nicht gedeckten Kosten, die nicht regelmäßig anfallen
  • angemessene Versicherung der Liegenschaft
  • Bestellung des Verwalters und die Auflösung des Verwaltungsvertrags
  • Bestellung und Abberufung eines Eigentümervertreters
  • Erlassung und Änderung der Hausordnung
  • Erstellung und Aufbewahrung eines Energieausweises
Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung (§28 WEG):
  • Nützliche Verbesserungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft
  • über die Erhaltung hinausgehende Veränderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, sofern diese über die ordentliche Verwaltung hinausgehen

Brauche ich für jede Änderung an meinem Eigentum einen Beschluss der Eigentümerversammlung?

Eigentümer müssen nicht für jede Änderung an ihrer Wohnung die anderen Miteigentümer um Erlaubnis fragen. Maßnahmen wie zum Beispiel das Austauschen von Türen in den eigenen vier Wänden dürfen auch ohne Zustimmung durchgeführt werden.

Aber: Für bauliche Maßnahmen, die das Gesamtbild der Liegenschaft beeinflussen, muss immer die Zustimmung der gesamten Eigentümergemeinschaft eingeholt werden (§16 Abs. 2 WEG). Eine solche Maßnahme wäre zum Beispiel die Errichtung einer Lademöglichkeit für E-Fahrzeuge. Solche Änderungen können Eigentümer mit Inkrafttreten der WEG-Novelle 2022 leichter durchsetzen:

WEG-Novelle 2022: Zustimmungsfiktion und Auskunftspflicht des Verwalters

Für folgende Änderungen reicht es ab 1. Jänner 2022, wenn ein Wohnungseigentümer die übrigen Eigentümer davon in Kenntnis setzt und keiner von ihnen aktiv innerhalb von zwei Monaten Widerspruch einlegt:

  • behindertengerechte Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjektes oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft
  • der Einbau von einbruchsicheren Türen
  • die Errichtung einer Lademöglichkeit für E-Fahrzeuge, einer Fotovoltaikanlage und von Beschattungsvorrichtungen (zum Beispiel Rollläden, Markisen oder Außenjalousien) wenn diese sich harmonisch in das Erscheinungsbild des Hauses einfügen.

Diese sogenannte Zustimmungsfiktion setzt vor raus, dass Miteigentümer kontaktiert werden können. Der neue Paragraf 20 Absatz 8 regelt daher, dass der Verwalter Auskunft über die Namen und Zustellanschriften der anderen Wohnungseigentümer geben muss.

8. Wie werden Maßnahmen finanziert?

Beschließt die Eigentümerversammlung größere Maßnahmen oder sieht der Hausverwalter Bedarf für Instandhaltungen der Liegenschaft, muss das finanziert werden. Dafür gibt es in einer Eigentümergemeinschaft die Instandhaltungsrücklage, die jeder Eigentümer in der Regel monatlich entrichten muss.

WEG-Novelle 2022: Mindestdotierung der Rücklage

Für jeden Eigentümer gilt ab 1. Jänner 2022: Die Rücklage pro Monat muss mindestens 90 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche betragen. Bislang wurde in Paragraf 31 des Wohnungseigentumsgesetzes keine konkrete Höhe der Rücklage genannt, sondern nur von angemessener Rücklage für künftige Aufwendungen die Rede.

22.12.2021


Ihre Meinung zählt

(5)
4.4 von 5 Sternen
5 Sterne
 
2
4 Sterne
 
3
3 Sterne
 
0
2 Sterne
 
0
1 Stern
 
0
Ihre Bewertung:

Neuen Kommentar schreiben

1 Kommentar

Susanne Weber am 05.01.2022 12:13

ein sehr verständlich Beitrag! Danke für die guten Erklärungen der diversen Änderungen!

auf Kommentar antworten