Mietzinsminderung: Wann darf der Mieter die Miete kürzen?
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Wenn sich an den Wänden Schimmel ausbreitet oder der Strom wochenlang ausfällt, haben Mieter unter Umständen das Recht zur Mietzinsminderung. Wann das möglich ist und wie hoch die ausfallen darf: Die wichtigsten Informationen für Mieter im Überblick.
Egal ob Schimmel oder Dauerbaustelle vor der Haustür: Wenn Mieter ihre Wohnung nicht mehr nutzen können, wie es bei Abschluss des Mietvertrages vereinbart worden ist, dürfen sie den Mietzins mindern. Dabei sollten sie jedoch nichts überstürzen. Denn erst müssen sie den Schaden unverzüglich beim Vermieter melden (§8 MRG, beziehungsweise §1097 ABGB). Auch ist bei der Höhe der Mietzinsminderung Fingerspitzengefühl gefragt. So setzen Mieter ihr Recht richtig durch.
Was ist ein Grund zur Mietzinsminderung?
Das Recht zur Mietzinsminderung haben Mieter bei allen Wohnungsmietverträgen, egal ob sie unter das Mietrechtsgesetz (MRG) fallen oder nicht. Nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch liegt ein Grund zur Mietzinsminderung vor, sobald die Wohnung derart mangelhaft ist, dass der Mieter sie nicht wie vereinbart benutzt werden kann (§ 1096 ABGB). Das kann zum Beispiel der Fall sein bei:
- Erheblichem Schimmelbefall (OGH, 5 Ob 60/04s)
- Lärmbelästigung durch Bauarbeiten (OGH, 1 Ob 177/05v)
- Einer defekten Heizung (LGZ Wien, 39 R 203/00 t)
Dann haben Mieter kein Anrecht auf Mietzinsminderung:
Wenn ein Mieter einen Schaden selbst verursacht hat, darf er deshalb nicht den Mietzins mindern.
Auch dürfen Mieter nicht wegen Kleinigkeiten den Mietzins reduzieren. „Ist die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nicht eingeschränkt, muss der Mieter weiter die volle Miete zahlen“, erklärt Christian Boschek, Mietrechtsexperte bei der Arbeiterkammer Wien. Ein Kratzer im Parkett ist demnach hinzunehmen.
Höhe und Zeitraum der möglichen Mietzinsminderung
Wie hoch darf eine Mietminderung ausfallen? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Denn im Gesetz gibt es keine genauen Minderungsquoten. Es schreibt lediglich vor, dass die Mietzinsminderung der Dauer und dem Ausmaß der Unbrauchbarkeit des Mietgegenstandes entsprechen müsste (§ 1096, Abs, 1 AGBG). Das heißt:
- Ist ein Schaden behoben – zum Beispiel, weil der Mieter wieder Strom bekommt – muss der Mieter auch wieder die volle Miete zahlen.
- Ist nur ein Teil der Wohnung von dem Mangel betroffen, so dürfen Mieter auch nur einen Teil des Mietzinses kürzen.
„Klar ist aber: Ist die Wohnung komplett unbewohnbar, beträgt die Minderungsquote 100 Prozent“, sagt Mietrechtsexperte Boschek.
Einige Gerichtsurteile geben nur ungefähre Anhaltspunkte, wie viel Mietminderung berechtigt sein kann:
- Ist wegen gesundheitsgefährdendem massivem Schimmelbefall praktisch unbewohnbar, so ist eine Mietminderung um 100 Prozent denkbar (OGH, 5 Ob 60/04s).
- Gibt es in einer Wohnung über längere Zeit weder Strom noch Wasser, darf der Mieter den Mietzins um 80 Prozent kürzen (LGZ Graz, 3 R 241/86).
- Durch alte Bleirohre verursachtes bleihaltiges Trinkwasser rechtfertigt eine Mietminderung um höchstens 25 Prozent (OGH, 9 Ob 34/04x).
- Wegen Lärmbelästigung durch Bauarbeiten am Nachbargrundstück können fünf Prozent Mietzinsminderung berechtigt sein (OGH, 1 Ob 177/05v).
- Eine Kürzung des Mietzinses um zehn Prozent ist gerechtfertigt, wenn im Jänner und Februar die Heizung nur eine Raumtemperatur von 18 Grad ermöglicht (LGZ Wien, 3 39 R 203/00).
So wird die Mietzinsminderung berechnet
Die Höhe der Mietzinsminderung bezieht sich immer auf die Bruttomiete, also die Hauptmiete zuzüglich Betriebskosten und Mehrwertsteuer. Sie kann nur für den Zeitraum der Beeinträchtigung vorgenommen werden.
Bestand ein Mangel wie beispielsweise Lärmbelästigungen durch eine Baustelle zehn Tage und die Minderungsquote beträgt 20 Prozent, so berechnet sich die Mietminderung wie folgt:
Bruttomiete: 1.000 Euro/Monat
Minderungsquote: 20 Prozent
Mietminderung für 30 Tage (1 Monat): 1.000 Euro x 0,2 (20 Prozent) = 200 Euro
Mietminderung für 10 Tage: (200 Euro: 30) x 10 = 66,67 Euro
Das richtig Vorgehen bei der Mietzinsminderung
Als erstes sind Mieter verpflichtet, dem Vermieter einen Mangel unverzüglich mitzuteilen (§8 Abs. 1 MRG, beziehungsweise §1097 ABGB). Erst wenn der Vermieter informiert ist, dürfen sie den Mietzins mindern.
1. Schritt: Mitteilung an den Vermieter
Die Mitteilung an den Vermieter ist zwar auch mündlich möglich, zur Sicherheit ist es aber ratsam, dies schriftlich zu machen. Im Schreiben kann der Mieter bereits auf sein Recht zur Mietzinsminderung verweisen.
Im Schreiben an den Vermieter sollten folgende Informationen enthalten sein:
- Benennung und genaue Beschreibung des Mangels.
- Der Hinweis, dass wegen des Mangels eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, die eine Mietzinsminderung im Sinne des § 1096 ABGB rechtfertigt.
- Aufforderung, den Mangel zu beseitigen.
- Mitteilung, dass der Mietzins um einen bestimmten Prozentsatz gemindert wird oder die Miete bis zur Beseitigung des Schadens unter Vorbehalt gezahlt wird.
- Tipp: Kontaktmöglichkeiten (zum Beispiel: Handy-Nummer) aufzeigen, um eine zügige Terminvereinbarung zur Mängelbeseitigung zu fördern.
Die Arbeiterkammer stellt auf ihrer Seite einen Musterbrief für die Mietzinsreduktion zur Verfügung.
2. Schritt: Mietzins mindern oder besser: Zahlung unter Vorbehalt
Sobald der Vermieter von dem Schaden weiß, können Mieter ihre Miete mindern. Ist die Minderungsquote jedoch zu hoch, kann das gefährlich für sie werden: „Der Vermieter kann dies als Mietzinsrückstand werten und auf Zahlung klagen oder schlimmstenfalls das Mietverhältnis kündigen“, mahnt Mietrechtsexperte Boschek.
Darum empfiehlt sich eine zweite Möglichkeit: Das Zahlen der Miete unter Vorbehalt. In dem Schreiben an den Vermieter sollte der Mieter erklären, dass er die gegebenenfalls bereits zu viel gezahlte Miete zurückfordern wird und weitere Zahlungen nur unter Vorbehalt erfolgen. So kann der Mieter auch nach Beseitigung des Mangels noch mit dem Vermieter abrechnen – ohne dass er in die Gefahr eines Zahlungsrückstands gerät.
Vermieter reagiert nicht: Was tun?
Reagiert der Vermieter auf die Aufforderung zur Mängelbeseitigung nicht oder weigert er sich, kann der Mieter nach Ablauf einer angemessenen – gesetzlich nicht festgelegten – Frist die Reparaturarbeiten selbst beauftragen und die Kosten dem Vermieter in Rechnung stellen.
Fazit: Mängel zügig melden
Ganz gleich um welchen Mangel es sich handelt: Dieser sollte zügig dem Vermieter mitgeteilt werden. Ein langfristiges Dulden könnte für den Mieter sehr nachteilig sein, da er dann laut gängiger Rechtsprechung nicht nur sein Recht auf Mietzinsminderung verlieren kann, sondern unter Umständen auch vom Vermieter wegen etwaiger Folgeschäden auf Schadensersatz verklagt werden könnte.
Frank Kemter