Achtung
„Kaufvertrag und Tapu sind immer in Türkisch. Der ausländische Käufer sollte unbedingt dafür sorgen, dass er eine zuverlässige, am besten eine notariell beglaubigte Übersetzung bekommt“, warnt Rechtsanwalt Rumpf.
Istanbul, Antalya, Bodrum – viele Orte in der Türkei sind längst keine Geheimtipps mehr. Das Land zwischen Schwarzem Meer und Mittelmeer bietet nicht nur nahezu ganzjährig Sonnenschein, sondern verfügt auch über ein vielfältiges Immobilienangebot. Die Besonderheit: Nur beim Grundbuchamt wird der Kaufvertrag auch sicher besiegelt. Ein Überblick zum Immobilienkauf in der Türkei.
Feine Sandstrände, aber auch Steilküsten und Berge prägen die Landschaft in der Türkei. Hier begegnen sich asiatische und europäische Kultur und antike Stätten laden zur Entdeckung ein. Auch dass dort einen Großteil des Jahres die Sonne scheint, dürfte ein starker Grund sein, warum so mancher Österreicher eine Immobilie in der Türkei kaufen will. Dabei erhoffen sich einige sicherlich, bei einer schwachen Lira ein Schnäppchen zu machen. Doch so einfach ist es nicht – denn bei der Suche nach der passenden Immobilie gibt es zahlreiche Fallstricke und erst mit dem Termin beim Grundbuchamt wird alles fix. Wer in der Türkei auf Immobiliensuche geht, braucht darum oft einen Rechtsexperten an seiner Seite.
Obwohl das Grundbuchgesetz in der Türkei – ‚Tapu Kanunu‘ genannt – Bestimmungen enthält, inwieweit Ausländer in der Türkei Immobilien kaufen dürfen, gibt es in der Praxis immer wieder Unsicherheiten. „Der türkische Staat legt großen Wert auf den Schutz sicherheitsrelevanter Zonen“, sagt Prof. Dr. Christian Rumpf, deutscher Rechtsanwalt mit Schwerpunkt im türkischen Recht sowie vereidigter Übersetzer und Dolmetscher für die türkische Sprache. „Lange Zeit kannten nicht einmal die Grundbuchämter die sicherheitsrelevanten Zonen. Inzwischen haben die Schwierigkeiten jedoch nachgelassen“, meint der Experte.
Wer eine Immobilie in der Türkei kaufen will, muss einige Einschränkungen beachten:
Ausländische Immobilienkäufer haben aber nicht nur Bedingungen zu erfüllen – sie bekommen später als Eigentümer auch Vorteile gewährt: „Sie haben Anspruch auf eine Aufenthaltsgenehmigung von zwei Jahren, die sie selbst jeweils verlängern lassen können“, so Rumpf. Wer keine solche Aufenthaltsgenehmigung einhole, dürfe sich insgesamt nur 90 Tage pro Jahr ohne Visum in der Türkei aufhalten. Verstöße können mit Geldbußen oder Einreiseverboten geahndet werden.
Wer eine Immobilie in der Türkei erwerben will, sollte sich zunächst von einem fachkundigen Anwalt über das Recht vor Ort aufklären lassen. Auch sollten steuerliche Fragen abgeklärt werden, wofür auch ein österreichischer Steuerberater konsultiert werden sollte. Bei der Suche nach der passenden Immobilie kann ein professioneller Immobilienmakler helfen.
„Viel zu oft fallen insbesondere Käufer von Ferienhäusern auf unseriöse Verkaufstechniken herein“, warnt Rumpf. Es gebe zum Beispiel Fälle, in denen der eigentliche Verkäufer verborgen bleibe und der angebliche Makler als Mittelsmann fungiere – um den Käufer auszunutzen. Ein Beispiel: Der Makler schließt mit dem Käufer einen vermeintlichen Kaufvertrag über 100.000 Euro ab, in der öffentlichen Urkunde sind es aber nur umgerechnet 75.000 Euro. „So streicht der Makler neben einer überhöhten Provision zusätzlich 25.000 Euro ein.“
Um auf der sicheren Seite zu sein, erklärt Rechtsanwältin Koca: „Immobilienkäufer sollten darauf achten, dass der Makler ein Zertifikat zur Maklerschaft und eine Steuernummer hat.“ Sie empfiehlt, sich an internationale und/oder institutionelle Maklerfirmen zu halten.
Wer die passende Immobilie gefunden hat, sollte keine verbindlichen Zusagen treffen, sondern das Gebäude besser erst von einem unabhängigen Experten begutachteten lassen. „Nicht nur bei Bestandsgebäuden, auch bei Neubauten würde ich dazu raten“, meint Koca. Denn auch dort sollte überprüft werden, ob alle baurechtlichen Voraussetzungen beim Bauamt beziehungsweise der Gemeinde eingehalten wurden. Zudem kann der Immobilienkäufer so den gegebenenfalls vorhandenen Renovierungsbedarf bereits bei der Finanzierung einkalkulieren. „Derzeit sind zum Beispiel zahlreiche Ferienimmobilien auf dem Markt, die aus den 1990ern stammen“, so Rumpf. Damals sei die Bauqualität eher schlecht gewesen, aber: „Es kann sich aber durchaus lohnen, eine abgenutzte Immobilie preisgünstig zu erwerben und dann zu sanieren.“
Für ein Gutachten können sich Immobilienkäufer auch an einige österreichische Kanzleien wenden, die Immobiliengutachten in der Türkei anbieten. Diese arbeiten meist mit erfahrenen Immobilienbewertungsunternehmen vor Ort zusammen, die international anerkannte Wertgutachten erstellen und zusätzlich prüfen, ob der Kaufinteressent die Immobilie auch wirklich erwerben darf.
Darüber hinaus sollten Immobilienkäufer in der Türkei weitere mögliche Kostenfaktoren bedenken. Zum Beispiel ist sind die Aufwendungen in Wohnanlagen für türkische Verhältnisse relativ hoch, etwa wegen Ausgaben für Sicherheitsanlagen oder Anlagenpflege. „Je nach Lage und Qualität der Anlage sind es zwischen 500 bis 2.000 türkische Lira“, schätzt Koca. Bei einem Wechselkurs von einer türkischen Lira zu 0,14 Euro ist das eine Spanne von rund 70 bis 280 Euro. In solchen Anlagen erwirbt man in der Regel Stockwerkeigentum – Rumpf rät, dabei stets ein Auge auf die Abrechnungen der Hausverwalter zu behalten. „Ansonsten kann es teuer werden – bis hin zum überraschenden Totalverlust der Immobilie.“
Vor dem Immobilienkauf in der Türkei sollten Interessenten die Dokumente sorgfältig überprüfen. Diese Papiere sollte der Verkäufer vorlegen können:
Es empfiehlt sich, einen fachkundigen Rechtsanwalt mit der Überprüfung der Dokumente zu beauftragen.
Vorverträge, auch notarielle, sind in der Türkei nur Verkaufsversprechen (satış vaadi). Erst beim türkischen Grundbuchamt wird der Immobilienkauf sicher unter Dach und Fach gebracht. Daher sollte vorher in der Regel auch kein Geld fließen. Führt kein Weg an einem Vorschuss vorbei, so rät Rumpf, ein Verkaufsversprechen aufzusetzen und das Geld an einen Notar oder einen anderen Treuhänder zu überweisen.
Zudem empfiehlt der Rechtsexperte, das Verkaufsversprechen durch eine Vormerkung (şerh) im Grundbuch abzusichern. Dieses Vorgehen verhindere zwar nicht den anderweitigen Verkauf – jedoch sei dadurch auch ein Dritter an die vereinbarten Bedingungen gebunden. Sprich: Egal, an wen der Verkäufer letztlich die Immobilie verkauft, auch er muss sich daran halten. „Dadurch kann der ausgestochene Käufer vom neuen Eigentümer eine Entschädigung für die entgangene Immobilie geltend machen“, erklärt Koca.
Erst beim Grundbuchamt – auch Tapu genannt – finden offizielle Verkaufsverhandlungen sowie der Immobilienkauf statt. Vereinbarungen, die zuvor und nicht beim Grundbuchamt getroffen wurden, sind in der Regel unwirksam.
Zunächst prüft aber das Grundbuchamt, ob alle Voraussetzungen durch den Ausländer erfüllt sind und er die Immobilie kaufen darf. „Dazu gehört auch, dass der Grunderwerb durch ihn bei der zuständigen Militärbehörde gemeldet und von ihr genehmigt werden“, sagt Koca. Die Militärbehörde prüft, ob der angehende Käufer kriminelle Absichten oder Tätigkeiten gegen die türkische Regierung hat, ob die Immobilie außerhalb einer Sperrzone liegt oder diese für militärische Zwecke gebraucht werden kann. Erst wenn die Militärbehörde die Freistellungsbestätigung erteilt habe, könne der Grundstückskauf durchgeführt werden.
Beim Grundbuchamt anwesend sein müssen: Ein Beamter sowie Käufer und Verkäufer. Letztere können aber auch einen bevollmächtigten Stellvertreter entsenden. Zudem muss ein vereidigter Dolmetscher anwesend sein, denn erst mit dessen Unterschrift wird der Kaufvertrag wirksam.
Steht der Termin beim Grundbuchamt an, so müssen Käufer laut Rechtsanwältin Koca folgende Unterlagen mitbringen:
Achtung: „Alle Urkunden sollten Österreicher zur Sicherheit mit einer Apostille versehen lassen“, rät Rechtsanwältin Koca. Zwar gibt es zwischen der Türkei und Österreich ein Abkommen, dass öffentliche Urkunden keine Apostille benötigen und auch ohne gültig sind. Aber viele Grundbuchämter würden sie laut Koca trotzdem verlangen.
Eine Apostille ist eine vereinfachte Form der Beglaubigung, die den internationalen Urkundenverkehr unbürokratischer gestalten soll und durch welche österreichische Dokumente auch in der Türkei anerkannt werden.
Die Apostille wird je nachdem, von welcher Behörde die betreffende Urkunde stammt, durch folgende Stellen ausgestellt:
Beim Grundbuchamt wird der Kaufvertrag unterschrieben. „Während der Unterzeichnung fragt der Beamte, ob der Käufer den Kaufpreis völlig bezahlt hat“, erklärt sie. „Diese Frage müssen die Parteien mit ‚ja‘ beantworten, ansonsten kommt der Vertrag nicht zustande.“ Deswegen zahle der Käufer den Kaufpreis oftmals kurz vor der Unterzeichnung, meist in bar oder mit einem Scheck.
Wer sich als Käufer bei der Zahlung absichern will, hat mehrere Möglichkeiten, zum Beispiel blockierte Schecks. Rumpf rät zu einer Treuhandabwicklung mit Hilfe eines zuverlässigen Dritten wie beispielsweise einer Bank. „In jedem Fall sollte eine Zahlung nur gegen Quittung erfolgen.“
Nach der Übertragung erhält der Eigentümer einen Grundbuchauszug namens ‚Tapu senedi‘. Dieser dient ihm auch als Besitzbeweis. Innerhalb von drei Monaten nach der Übertragung muss der Käufer zudem laut Koca den Erwerb der Immobilie bei der zuständigen Stadtverwaltung anmelden.
Auch beim Immobilienkauf in der Türkei müssen Österreicher mit einigen Nebenkosten rechnen.
Grundbuchgebühr: Laut Rumpf beträgt diese 4 Prozent des angegebenen Kaufpreises, mindestens jedoch der für die Grundsteuer geltende Messbetrag. „Bis 31.10.2018 wurde die Gebühr, die der Grunderwerbsteuer entspricht, auf 3 Prozent abgesenkt.“ Käufer und Verkäufer zahlen sie in der Regel zur Hälfte, sofern nichts anderes vereinbart ist.
Verwaltungsgebühren und Dolmetscherhonorar: circa 100 Euro
Maklerprovision: Diese beträgt laut Rumpf seit Juni 2018 insgesamt 4 Prozent, Käufer und Verkäufer teilen sich die Kosten zur Hälfte, sofern nichts anderes vereinbart wurde.
Grundsteuer (jährlich): 0,3 Prozent des Immobilienwertes. Im Großstadtbereich das Doppelte, im landwirtschaftlichen Bereich 0,1 Prozent des Immobilienwertes.
Grundstücks- und Gebäudesteuer (jährlich): In der Türkei gibt es je eine grundstücksbezogene Steuer und eine gebäudebezogene. Wie hoch diese ist, hängt davon ab, ob es eine Wohnimmobilie ist oder nicht, und ob es für das Grundstück ein Baurecht gibt. „Im schlimmsten Fall kommt man auf ein Prozent pro Jahr – etwa für ein Bürogebäude in der Großstadt –, im günstigsten Fall auf 0,4 Prozent“, so Rumpf. Die Zahlung erfolge ein- oder zweimal im Jahr. Der neue Eigentümer bekommt aber einen kleinen Startvorteil: „In den ersten fünf Jahren werden nur drei Viertel davon erhoben“, so Rumpf.
Gebäudesteuer (jährlich): Bei Wohngebäuden: 0,1 Prozent des Immobilienwertes; für andere Gebäude: 0,2 Prozent. Im Großstadtbereich zahlen Eigentümer jeweils das Doppelte.
Gegebenenfalls Umsatzsteuer: Diese wird in der Regel fällig, wenn der Käufer von einem umsatzsteuerpflichtigen Eigentümer kauft, zum Beispiel einem Unternehmen. Ist die Immobilie mehr als zwei Jahre Teil des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft, kann sie jedoch umsatzsteuerfrei erworben werden, so Rumpf. „Für Kleinimmobilien bis zu 150 Quadratmetern sind es ein Prozent, ansonsten 18“, sagt der Rechtsexperte. Es gebe unter bestimmten Bedingungen auch die Möglichkeit eines umsatzsteuerfreien Erwerbs, „beispielsweise, wenn die Immobilie mehr als zwei Jahre im Bestand der steuerpflichtigen Gesellschaft steht und mit dem Erlös Darlehen abgezahlt werden“, so der Rechtsexperte. Auf so einen Vorteil werde der Verkäufer aber in der Regel von selbst hinweisen.
Eine Immobilie in der Türkei kann auch als Kapitalanlage dienen. Rechtsanwältin Koca sagt: „Ausländer dürfen ihr Eigentum uneingeschränkt vermieten.“ Auch dürften Ausländer zu jeder Zeit an jede beliebige Person verkaufen und den Erlös ins Ausland transferieren. Rumpf warnt aber: „Wer seine Immobilie verkauft, muss mit einer Wertzuwachssteuer rechnen.“ Diese liege nach einem Freibetrag bei bis zu 35 Prozent des Wertzuwachses.
Wenn man in der Türkei nach der idealen Region für eine Immobilie fragt, bekommt man jedes Mal eine andere Antwort. „Der türkische Mittelstand schwört nach wie vor auf Bodrum, obwohl das von Frühjahr bis Herbst völlig überlaufen ist“, so Rumpf. Die Insel liegt im Süden an der ägäischen Küste und verfügt über ein warmes, aber windreiches Mittelmeerklima sowie ideale Bedingungen zum Surfen und Tauchen. „Aber Bodrum, ebenso wie Çeşme, Marmaris und Kuşadası gehören sicherlich zu den teureren Zonen“, sagt der Experte.
Soll es günstiger sein, rät er, sich in der Großstadtumgebung umzuschauen. „Dort finden sich häufig gute Objekte, die für den türkischen Mittelstand gebaut wurden und für Ausländer erschwinglich sind, zum Beispiel in der direkten Nähe von Izmir.“ Um ein grobes Maß zu haben: Laut Rechtsanwältin Koca kostet eine 3-Zimmer-Wohnung im Zentrum von Istanbul circa 100.000 bis 150.000 Euro – weiter außerhalb dürfte es deutlich günstiger sein (Stand: September 2018).
Rumpf nennt außerdem weitere Gegenden: „Östlich von Antalya gibt es günstige Zonen, zum Beispiel Kemer oder in Lagen östlich von Alanya.“ Kemer ist ein Badeort an der südlichen Mittelmeerküste, vor den Kiefernwäldern des Olympos-Beydağları-Nationalparks. Noch einen Tick günstiger fahre der Immobilienkäufer Richtung Adana und Mersin. Die Städte liegen im Süden des Taurusgebirges, in der Tiefebene Çukurova. Mersin sogar direkt am Mittelmeer.
Wer die ‚echte‘ Türkei erleben will, dem rät Rumpf aber, an der Schwarzmeerküste zu suchen. Zwar sei das Wetter dort völlig anders und im Sommer durchaus einmal wechselhaft – „Dafür findet man dort aber viel Natur und Ursprünglichkeit.“
Stand: Oktober 2018