Grillen, Rasenmähen, Nacktsonnen – was Nachbarn dulden müssen
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Kaum startet die Freiluftsaison, beginnt meist der Ärger mit den Nachbarn: Der Rasenmäher knattert, der Grill qualmt oder der Nachbar sonnt sich gar nackt. Doch was davon ist erlaubt, und wann reicht’s?
Wenn die Tage länger und wärmer werden, treibt es die Leute vermehrt aus dem Haus. Für viele ist dann die Zeit, den Rasen zu mähen, den Garten herzurichten und zu dekorieren und die Grillsaison zu starten. Nachbarn gefällt das nicht immer, denn weder die Nebelschwaden des Kohlegrills, noch die ratternden Geräusche des Rasenmähers machen an den Grundstücksgrenzen halt. Nachbarschaftsstreit ist allzu oft die Folge.
Grillen und Rasenmähen: Maßgeblich ist, was ortsüblich ist
Grundsätzlich gilt: Ein einheitliches Nachbarschaftsrecht, das festlegt, wer wo wann wie lange grillen darf, gibt es in Österreich nicht. Stattdessen findet sich im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) ein Abschnitt zu sogenannten „unzulässigen Immissionen“ – dazu zählen sowohl Lärm als auch Rauch, das Gesetz betrifft also sowohl den Grill als auch den Rasenmäher. Solche Immissionen können nur dann untersagt werden, wenn sie das ortsübliche Maß überschreiten. Welche Beeinträchtigungen ein Hauseigentümer dulden muss, hängt also vom Einzelfall ab – genauer gesagt: von der unmittelbaren Umgebung.
Ein Beispiel: Ein krähender Hahn kann in ländlichen Gegenden als ortsüblich gelten, in der Innenstadt jedoch nicht. Dort wiederum sind Baulärm sowie Motorengeräusche üblicher als auf dem Land. Gelegentliches Grillen im Garten oder auf dem Balkon sowie das Mähen des Rasens dürften in den meisten Fällen als ortsüblich gelten und können somit nicht generell untersagt werden. Für das Rasenmähen und andere Tätigkeiten die Lärm verursachen, wie Laubbläser oder Heckenschneider, gelten von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedliche Ruhezeiten. Im Zweifelsfall sollte sich hier bei der Gemeinde erkundigt werden.
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Gartenzwerge und Nacktsonnen
So wenig das einem genervten Nachbarn gefallen will: Hässliche Gartenzwerge gelten nicht als Immissionen und müssen daher geduldet werden. Ähnlich verhält sich das mit nackten menschlichen Körpern: Wenn der Nachbar sich im Garten gern im Adamskostüm zeigt, müssen Hausbesitzer das aushalten. Grenzenloses Nacktsonnen ist trotzdem nicht in allen Fällen erlaubt, denn wer sich allzu öffentlich zeigt, riskiert eine Anzeige wegen Verletzung des öffentlichen Anstandes. In einem nicht öffentlich einsehbaren Garten besteht diesbezüglich jedoch kaum eine Gefahr.
Baum des Nachbarn ragt aufs Grundstück
Etwas knifflig wird die Angelegenheit, wenn Äste oder Sträucher vom Nachbargrundstück auf das eigene ragen. Der Gesetzgeber hat festleget, dass Schattenwurf als negative Immission gewertet werden kann. Das Gewächs darf einem Grundstückseigentümer also nicht zu viel von der Sonne nehmen. Zwar können Eigentümer nicht vom Nachbarn verlangen, den Baum oder die Hecke zu beschneiden. Dafür gesteht ihnen das sogenannte Überhangrecht zu, selbst zur Heckenschere zu greifen – Voraussetzung ist hier jedoch, dass die Arbeiten fachmännisch geschehen, also kein übermäßiger Schaden an der Pflanze entsteht.
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Freundlich bleiben, Frieden wahren
Bei allen rechtlichen Regelungen und Gesetzen sollte bei Auseinandersetzungen mit dem Nachbarn stets das persönliche Gespräch dem Gang zum Rechtsanwalt vorgezogen werden. Wer sklavisch mit aller Härte des Gesetzes über seine Grundstücksgrenze wacht, wird am nachbarschaftlichen Zusammenleben bald nicht mehr allzu viel Freude haben. Ein Beispiel: Laut Gesetz gilt ein Federball, der über die Grundstücksgrenze fliegt, als „grobkörperliche Eindringung“. Der Federballspieler hat kein Recht darauf, den Ball zurückzuverlangen. In der Praxis dürften die meisten Nachbarn den Ball wohl trotzdem zurückgeben. Gesunder Menschenverstand und gegenseitige Rücksichtnahme helfen oft mehr als jedes Gesetz.
Markus Grundmann